Anspruch auf einen höhenverstellbaren Schreibtisch

Habe ich Anspruch auf einen höhenverstellbaren Schreibtisch?

Untersuchungen haben ergeben, dass dauerhaftes Sitzen äußerst ungesund ist. Wer allerdings zwischendurch seine Position verändert, kann Haltungs- und Gesundheitsschäden entgegenwirken. Besonders hilfreich sind höhenverstellbare Schreibtische am Arbeitsplatz, welche Tätigkeiten im Stehen ermöglichen. Wer besitzt allerdings einen Anspruch auf die spezielle Büroeinrichtung?

Ergonomischer Arbeitsplatz in jedem Büro

Arbeitnehmer, welcher ihrer Tätigkeit hauptsächlich im Büro und somit viel sitzend nachgehen, besitzen in Deutschland ein generelles Anspruchsrecht auf einen ergonomisch gestalteten Arbeitsplatz. Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass die Büroausstattung einen höhenverstellbaren Schreibtisch (gibt es bei YAASA) beinhalten muss. In der Praxis bezieht sich ein ergonomisches Arbeitsumfeld auf einen Tisch sowie Stuhl, wobei sich letzterer individuell auf die eigenen Bedürfnisse einrichten lässt.

Jürgen Markowski, seines Zeichens Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein, welcher die gesetzlichen Bestimmungen in dieser Aussage zusammenfasst, ist hierbei nicht allein. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bestätigt seine Auffassung. Obwohl der Arbeitsplatz ergonomisch eingerichtet sein muss, beinhaltet dies keinen Schreibtisch, welcher sich in der Höhe automatisch verstellt und dadurch Arbeiten im Sitzen wie im Stehen ermöglicht.

Verschiedene Pflicht seitens Arbeitgeber

Viele Arbeitnehmer mit Bürotätigkeiten fordern zwar einen höhenverstellbaren Schreibtisch. In der Regel bleiben die Forderungen allerdings ungehört. Selbst wenn ein Attest vorlegt, welches den gesundheitlichen Bedarf belegt, muss der Arbeitgeber den Tisch nicht zur Verfügung stellen. Folglich muss er ebenso nicht für die Anschaffung zahlen.

Gleichzeitig entfallen aber nicht alle Pflichten für den Arbeitsgeber in Bezug auf einen passenden Arbeitsplatz. Er muss laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) dafür sorgen, dass das geltende Arbeitsschutzgesetz sowie die geltende Arbeitsstättenverordnung eingehalten werden. In der Praxis bedeutet dies, dass an den jeweiligen Bildschirmarbeitsplätzen ausreichend Raum vorhanden ist, damit der Arbeitnehmer wechselnde Arbeitshaltungen und Bewegungen durchführen kann. Organisatorische Maßnahme oder geeignete Arbeitsmittel helfen, dieser Pflicht nachzukommen.

Passende Ausstattung aus gesundheitlichen Gründen

Wie der Haltungswechsel am Arbeitsplatz gestaltet wird, hängt von der jeweiligen Umgebung und dem Arbeitgeber ab. Beispielsweise können ein Tisch und ein Stehpult installiert werden, welche Bewegung während der Tätigkeit ermöglichen. Höhenverstellbare Schreibtische gelten als Alternative, sodass der Arbeitgeber frei entscheiden kann, ob er entsprechende Anschaffungen tätigt. Zwar verstellen sich die Tische per Knopfdruck automatisch und nehmen entsprechend weniger Platz ein. Die Anschaffungskosten fallen jedoch höher aus und nicht jeder Arbeitgeber ist gewillt, diese zu decken.

Anders sieht es bei bereits bestehenden gesundheitlichen Problemen aus. Wurde der Arbeitnehmer an mehr als 42 Kalendertagen in den letzten zwölf Kalendermonaten aufgrund von Beschwerden arbeitsunfähig, muss eine Lösung gefunden werden. In diesen Ausnahmefällen findet ein Betriebliches Eingliederungsmanagement statt, in dessen Rahmen Betriebsarzt, der Betroffene, die Vorgesetzten und falls vorhanden der Betriebsrat über die weitere Vorgehensweise diskutieren.

«Kommen sie zu dem Schluss, dass ein automatisch verstellbarer Schreibtisch eine sinnvolle Maßnahme ist, muss der Arbeitgeber den Tisch bezahlen», sagt Markowski. In vielen Fällen können zudem Zuschüsse der Sozialversicherungsträger helfen.

Individuelle Entscheidung

Zwar mag die Lösung einfach klingen. Dennoch entpuppt sich die Sachlage häufig als kompliziert. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement-Verfahren stellt einen komplexen Prozess dar, welcher immer mehrere Schritte umfasst. Gleichzeitig werden stets verschiedene Parteien berücksichtigt. Somit kann es passieren, dass sich das Verfahren über einen gewissen Zeitraum hinzieht. Letztendlich wird jeder Einzelfall von mehreren Stellen ausreichend und umfassend geprüft, bevor eine individuelle Entscheidung gefällt wird.

In der Regel läuft das Verfahren Schritt für Schritt ab. Zu Beginn findet ein Gespräch zwischen dem betroffenen Mitarbeiter und der zuständigen Stelle statt. Dies kann die Firma oder eine Behörde sein. Im Anschluss an dieses Gespräch werden alle möglichen sowie machbaren Maßnahmen inklusive deren Wirksamkeit eingehend geprüft. Zeigt sich der Endbeschluss mit einem positiven Ergebnis, werden die Kosten für den höhenverstellbaren Schreibtisch übernommen. Hierzu muss gleichzeitig eine Übereinkunft aller Parteien nach dem betrieblichen Eingliederungsmanagement-Verfahren vorliegen.

Kaum Kostenübernahme durch Rentenversicherung

Die Deutsche Rentenversicherung übernahm bereits in vielen Fällen die Leistungsverpflichtung seitens des Arbeitgebers, wenn für den Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen ein höhenverstellbarer Schreibtisch angeschafft werden musste. Dennoch besteht keine generelle Leistungsverpflichtung durch die DRV. Seit Anfang 2018 wurden Anträge für die spezielle Büroeinrichtung auf Basis einer neuen Grundlage beurteilt. Das Ergebnis in den meisten Fällen fiel negativ aus. Da diese Art an Tisch nach der Rechtsauffassung als zeitgemäße, ergonomische Arbeitsplatzausstattung gelte, müsse der Arbeitgeber die Anschaffung zahlen.

Dirk von der Heide, Pressesprecher der Deutschen Rentenversicherung Bund, äußerte sich zu dieser Annahme mit der Tatsache, dass lediglich Bürostühle als eine Ausnahme in Betracht kämen. Doch auch hier müsste eine spezifische Erkrankung die medizinische Notwendigkeit eines solchen spezielle Bürostuhls veranlassen. Folglich besteht für gesunde Menschen kein rechtlicher Anspruch auf einen höhenverstellbaren Schreibtisch oder eine bestimmte Art an Stühlen.

Möglichkeiten für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, welche unter entsprechenden gesundheitlichen Einschränkungen leiden, können bei der DRV einen Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung eines höhenverstellbaren Schreibtisches stellen. Dies ist sogar möglich, wenn sie nicht über einen längeren Zeitraum hinweg arbeitsunfähig waren. Der Arbeitgeber muss über das Vorhaben nicht einmal informiert werden. Markowski empfiehlt, die Vorgehensweise zu probieren, da im Zuge der Überprüfung des Antrags geklärt wird, ob der Versicherer die Kosten zum Teil oder sogar ganz übernimmt. Bestätigt der Rentenversicherer die medizinische Notwendigkeit des Tisches und unterstützt die Anschaffung finanziell zudem komplett, könne sich der Arbeitgeber nur schwer dagegen wehren.

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