Über die Wichtigkeit und den Missbrauch von behindertengerechten Parkplätzen
Dass es Personen mit Mobilitätseinschränkung in so einigen Situationen schwieriger im Alltag haben als andere, ist kein Geheimnis. Immerhin ist Mobilität im Alltag unverzichtbar. Und auch wenn Deutschland zwar – zum Glück! – beispielsweise immer rollstuhlgerechter wird, gibt es noch so einige Baustellen, an denen gearbeitet werden muss; eine große davon der Kampf um den Zugang zu behindertengerechten Parkplätzen.
Wer auf einen fahrbaren Untersatz angewiesen oder nur eingeschränkt und mit Unterstützung mobil sein kann, für den sind diese spezialisierten öffentlichen Verkehrsflächen nicht etwa zusätzlicher Komfort, sondern schlichtweg unerlässlich, um ihrem Alltag nachgehen zu können – eine Maßnahme zum Ausgleich von Nachteilen.
Behindertenparkplätze sind in der Regel dichter, oft direkt gegenüber den notwendigen Häusereingängen. Zum einen sind sie wesentlich breiter als reguläre Parkplätze, zum anderen mit einer zusätzlichen Bewegungsfläche versehen. Extraplatz, der notwendig ist. Wo die meisten Menschen sich einfach zwischen Autos durchquetschen, oder auf dem Beifahrersitz aussteigen, wenn der Abstand zum Nachbarauto etwas zu sparsam ist, ist für einen Rollstuhlfahrer oder Menschen, die auf Gehstock oder Pflegepersonal angewiesen sind, schlichtweg jeglicher Weg abgesperrt.
Dabei wird die Gemeinde von fahrenden Rollstuhlfahrern größer und größer – Behindertengerechte PKWs werden von immer mehr Automarken erstellt und verfeinert, um größtmögliche Freiheit und Unabhängigkeit für Menschen, die mit einer Behinderung leben, zu ermöglichen. Und je mehr Menschen ihre Mobilität voll ausnutzen können, umso dringlicher werden diese Parkplätze benötigt.
Leider wird Falschparken, egal ob auf Gehwegen, Einfahrten oder eben Behindertenparkplätzen immer noch von vielen als Bagatelldelikt angesehen. Nicht verwunderlich, wenn man beim Erwischen mit nur 55 € davonkommt – mickrig im Vergleich zu den 370 € die man beispielsweise in den Niederladen, oder den deftigen 726 € in Österreich hinblättern muss, wenn man aus Faulheit, Bequemlichkeit oder schlichtweg Ignoranz sein Auto dort parkt, wo es andere benachteiligt, sei es Fußgänger, Fahrradfahrer oder Menschen mit Behinderung. Als zusätzliche Erschwernis ist die Straßenverkehrsordnung seltsam wage, wenn es um Parken und Halten auf Behindertenparkplätzen geht. Tatsächlich verbietet die StVO zwar explizit Parken, Halten ist allerdings per se nicht untersagt. Das bedeutet, dass für drei Minuten der Platz belegt werden kann, solange das Auto nicht verlassen und sofort freigemacht wird, sollte eine berechtigte Person ihn einfordern. Aber auch hier stellt sich die Frage: ist das denn notwendig? Warum nicht gleich dort parken, wo es niemandem potenziellen Schaden zufügen kann?
Diese und andere Fragen stellte sich auch Heinrich Strößenreuther, Entwickler der App Wegeheld, mit der Falschparker bequem von jedem, der sich angemeldet hat, fotografiert und direkt and Ordnungsamt gemeldet werden können – mit irrsinnigem Erfolg. Bisheriger Stand: fast 500.000 Fotos und knapp unter 300.000 resultierende Anzeigen. „Es geht darum, dass die Regeln eingehalten werden, und es geht darum, verdammt noch mal, dass unsere Ordnungsämter ihren Job nicht auf die Reihe kriegen.“, sagt der Berliner in einem Interview mit der Süddeutschen. „Wir haben zurzeit eine egoistische Minderheit im Verkehr, die sich danebenbenimmt und der Mehrheit ihr Leben beschwerlicher macht. Und wenn die Bußgelder nur lächerliche zehn oder 15 Euro hoch sind, tut das niemandem weh, und das sieht man leider auf den Straßen. Das heißt dann zu Recht Knöllchen, was wir brauchen, ist eine Knolle. Wenn man einmal 100 Euro zahlt, überlegt man sich, ob man sein Auto da ein zweites Mal hinstellt.“ – Ärgernis zu Recht.
In den Bemühungen um Gleichheit, Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile und Mehraufwendungen ist Falschparken ganz einfach keine Bagatelle. Sondern aktive Beeinträchtigung, wie so oft, auf Kosten derer, die sie nicht tragen können.